Kolumne | TOM UND BENNI IN PARIS
22.07.2024
Bei den Olympischen Spielen in Paris hat die SportRegion Stuttgart gleich zwei Sportjournalisten vor Ort – Tom Bloch und Benjamin Lau berichten in der Kolumne TOM UND BENNI IN PARIS exklusiv aus der französischen Hauptstadt. Für den Sportfotografen Benni Lau sind es die ersten Olympischen Spiele, Kollege Tom Bloch war bereits in Rio de Janeiro und in Tokio am Start. Täglich erzählen die beiden über ihre Erlebnisse in der Weltstadt an der Seine im Ausnahmezustand.
Folge 1: Dem Tom sein halbes Six-Pack
Nicht, dass ich mir den Song „New York, Rio, Tokio“ – das One-Hit-Wonder aus dem Jahr 1986 – als Motto ausgesucht hätte. Aber ich habe tatsächlich zufällig diese Mega-Metropolen genau in dieser Reihenfolge besucht. New York mehrmals in den 80er, 90er und Nuller Jahren. Rio 2016 und Tokio 2021 als akkreditierter Fotograf für Beachvolleyball und Volleyball bei den Olympischen Spielen. Alles unvergessliche Erlebnisse.
Rio, Tokio, Paris.
Nun also die ersten Spiele für mich in Europa. Gut für den Bio-Rhythmus: Das erste Mal ohne Zeitverschiebung.Die Goldmedaillen-Party von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst anno 2016 gemeinsam mit dem deutschen Beachvolleyballteam in einer Bar auf dem Dach eines Hotels direkt an der Copacabana war seinerzeit die Krönung meiner dienstlichen Schlaflosigkeit. Die Feierlichkeiten begannen um 3 Uhr früh Ortszeit. Denn das Finale wurde ja erst um Mitternacht angepfiffen, dank NBC, dem wichtigen US-amerikanischen Olympia-Broadcaster, der seinen Einfluss geltend machte, um entscheidende Ereignisse der amerikanischen Bevölkerung zur Prime-Time servieren zu können. Als ich seinerzeit so gegen Sechs zurück in meine Unterkunft bin und mich gerade hingelegt hatte, klingelte das Telefon, denn ein Kollege von den Lübecker Nachrichten wollte Fotos von der Party für eine Sonderseite, die er grad noch fertigmachte. Also, Augen und Laptop wieder aufgeklappt…
Ähnlich lief es in Tokio. Wenn man sein Tagwerk erledigt hatte und das Kopfkissen längst lockte, fuhren bei den Kollegen daheim die Rechner hoch. Und dementsprechend kamen die Anfrage, die man natürlich bedienen wollte. Denn einem freien Journalisten geht es genauso wie den Olympia-Veranstaltern: Irgendwie müssen die hohen Investitionen ja wieder reingeholt werden.
Bonjour Paris! Knapp 500 deutsche Athleten werden bei der 33. Auflage der Neuzeit um individuelle Bestleistungen oder gar Medaillen kämpfen. Dabei wird alles ganz anders als in Tokio – virusbedingt ein Jahr verschoben und ohne Publikum in leeren Stadien.
Die Stadt an der Seine ist seit Wochen im Ausnahmezustand. Für die meisten Venues werden bestehende Strukturen genutzt, was, wie die ersten Bilder zeigen, eindrucksvoll umgesetzt wurde. Beachvolleyball direkt unterm Eiffelturm zum Beispiel.
Zum ersten Mal soll die Eröffnungsfeier auf dem Wasser stattfinden. Eine logistische Herausforderung, bei der den teilnehmenden Athleten wohl noch mehr abverlangt wird als sonst.
Aber auch wie so oft gibt es die unangenehmen Begleiterscheinungen. Die Einwohner wurden aufgefordert, den Sommerurlaub genau in die Olympiazeit zu verlegen und dafür die Stadt zu verlassen. Die Obdachlosen sind längst aus dem Stadtbild vertrieben. Die Angst vor Anschlägen führt zu verschärftesten Sicherheitsmaßnahmen. Und der Protest von Bürgerintiativen gehört eben auch zu Olympia. Und ist selten so kurios wie #JeChieDansLaSeine.
Für mich heißt es: Kurz mit dem Zug rüber an die für 1,4 Milliarden Euro im Vorfeld gesäuberte Seine, statt mit dem Flieger um die halbe Welt. Ein Witz über die Deutsche Bahn geht eigentlich immer. Aber geht jetzt nicht. Denn ich fahre mit dem TGV. Hier also meine Olympische Eröffnungsformel: „Ich erkläre das Packen meiner sieben Sachen für meine Teilnahme an den dritten Olympischen Spielen meiner Zeitrechnung hiermit für eröffnet.“
Tom Bloch
PS: Was Tom Bloch in Tokio alles erlebte, ist portionsweise nachlesbar in der, nun ja, preisgekrönten SportRegion-Kolumne BIG IN JAPAN.