Ausweitung des Projektes „Fußball trifft Kultur“
  07.07.2011


Im Februar 2010 startete das Pilotprojekt „Fußball trifft Kultur“ in Stuttgart. An der Martin-Luther-Schule in Bad Cannstatt nahmen seither 24 Schülerinnen und Schüler zweimal die Woche an einem gemeinsamen Fußballtraining mit anschließendem Sprachunterricht teil. Jetzt soll das Projekt ausgeweitet werden.

Im Februar 2010 startete das Pilotprojekt „Fußball trifft Kultur“ in Stuttgart. An der Martin-Luther-Schule in Bad Cannstatt nahmen seither 24 Schülerinnen und Schüler zweimal die Woche an einem gemeinsamen Fußballtraining mit anschließendem Sprachunterricht teil. Ziel ist es, durch die Kombination von Fußballtraining und ergänzendem Deutschunterricht die Sprachfähigkeit zu verbessern. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurden heute die Erfahrungen und Ergebnisse der vergangenen eineinhalb Jahre präsentiert.

Mit Bewegung lässt es sich leichter lernen - diese wissenschaftliche Erkenntnis war der Anlass, dass die Frankfurt Book Fair Literacy Campaign (LitCam) 2006 das Projekt "Fußball trifft Kultur" ins Leben rief. Neben Stuttgart wird das Projekt auch in Frankfurt, Berlin und Hamburg durchgeführt. Durch die Kombination von Fußballtraining und Ergänzungsstunden zum normalen Unterricht wird die Chance auf ein besseres soziales und kommunikatives Verhalten im Team ermöglicht. Zudem soll das Interesse an Bildung und Kultur geweckt werden. Das Projekt „Fußball trifft Kultur“ basiert somit auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Bewegung und Sport die kognitive Aufnahmefähigkeit verbessert.

„Als Projektverantwortliche halte ich diese Initiative für eine der förderwürdigsten in Zusammenhang mit dem Bemühen um Chancengerechtigkeit und Bildung“, resümiert die Kinderbeauftragte der Landeshauptstadt, Roswitha Wenzl. „Beim Projekt spielt die individuelle Zuneigung zum Kind eine große Rolle. Ganz entscheidend für den Erfolg des Projektes war der Einsatz der Schulleitung und der betreuenden Sprach - und Fußballlehrer sowie der Koordination durch den Sportkreis. Ein herzliches Dankeschön deshalb allen Partnern.“

Das Projekt in der Praxis

Seit eineinhalb Jahren fand zweimal in der Woche das Fußballtraining an der Martin-Luther-Schule statt. Hierzu stellte der VfB Stuttgart Trainer aus seiner Fußballschule zur Verfügung. Im Anschluss an das gemeinsame Fußballtraining fand der gezielte Sprachunterricht statt. Der Sprachunterricht wurde von speziell ausgebildeten Lehrkräften der Martin-Luther-Schule durchgeführt. Hier lernten die Kinder, ein Gefühl für die Sprache zu gewinnen und umfangreiche Sätze zu bilden. Im Verlauf des Projektes wurde auch die Lesefertigkeit der Kinder geschult. Durch Sprachspiele wurde zudem die Merkfähigkeit der Kinder intensiv gefördert. Diese Fähigkeit hilft den Kindern, grammatikalische Strukturen und Rechtschreibregeln zu verinnerlichen.

Die Schülerinnen und Schüler aus den Klassenstufen 3 und 4 starteten zum Teil mit erheblichen sprachlichen Defiziten in das Projekt. Durch die intensive Förderung beteiligen sich die meisten Kinder mittlerweile deutlich besser und konzentrierter – und damit erfolgreicher – am Unterricht. Auch im Sozialverhalten haben sie sich sehr positiv entwickelt. Vor allem das Selbstbewusstsein und die gesamte Persönlichkeit der Kinder wurden durch das Projekt gestärkt.

„Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen des Projektes“, so Martin Schmidt, Rektor der Martin-Luther-Schule. „Die Verbindung zwischen Sprachförderung und Bewegung hat sich bewährt. Bei allen Kindern konnte die Sprachfähigkeit und das Sprachgefühl verbessert werden. Durch die enge Absprache zwischen den Lehrern und den Fußballtrainern erleben die Kinder verstärkt, dass im Klassenzimmer als auch in der Turnhalle Regeln eingehalten werden müssen und ein positives Verhalten erwartet wird. Im sozialen Bereich stellen wir fest, dass die Kinder durch das Projekt enorm an Selbstbewusstsein hinzugewonnen haben. Ich kenne kaum ein anderes Projekt im Bereich der Sprachförderung, in dem die Kinder eine solch intensive und vor allem erfolgsversprechende Förderung erhalten.“

Auch der VfB Stuttgart bewertet die Initiative positiv. „Der VfB Stuttgart ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, was sich auch beim Projekt Fußball trifft Kultur zeigt“, so der Präsident des VfB, Erwin Staudt. „Alle Kinder wurden von Trainern und Lehrern so motiviert, dass keines von ihnen in der gesamten Projektzeit abgesprungen ist. Dies ist eine beachtliche Leistung. Die Arbeit war nicht nur für die Kinder, sondern auch für unsere Trainer eine wertvolle Erfahrung – ging es hier weniger um die sportliche Leistung als um den gesellschaftlichen Auftrag.“

Die Teilnahme am Projekt war für die Kinder kostenlos. Die Kosten wurden von der Bundesbeauftragten für Integration im Bundeskanzleramt, Frau Prof. Böhmer, und der Robert Bosch Stiftung finanziert. Das Staatliche Schulamt unterstützte das Projekt mit drei zusätzlichen Lehrerstunden. Die Gesamtverantwortung für das Projekt in Stuttgart lag bei der Kinderbeauftragten der Stadt, Roswitha Wenzl. Die Koordination für das Projekt hatte der Diplom-Sportpädagoge Uwe Jaeger vom "Gemeinschaftserlebnis Sport" beim Sportkreis Stuttgart übernommen.

„Sport, Spiel und Bewegung im Schulalltag wirkt sich bei Kindern und Jugendlichen positiv auf die Lernleistung aus“, so der Präsident des Sportkreis Stuttgart, Fred-Jürgen Stradinger. „Konzentration, Aufmerksamkeit, Informationsaufnahme und -verarbeitung verbessern sich. Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig Sport treiben, zeigen eine bessere Schulleistung als „unbewegte“ Mitschüler. Aus diesem Grund halte ich „Fußball trifft Kultur“ für einen sehr guten und erfolgversprechenden Ansatz bei der Förderung von Kindern. Ich freue mich, dass das Gemeinschaftserlebnis Sport in Trägerschaft der Landeshauptstadt und des Sportkreises aufgrund der langjährigen Erfahrung in der Zusammenarbeit mit vielen Schulen mit der Koordination und Leitung des Projekts beauftragt wurde.“

„Ich begrüße es und halte es für sehr wichtig, dass Schülerinnen und Schüler auch außerschulische Fördermöglichkeiten wahrnehmen, auch wenn das eine Zusatzbelastung für sie darstellt“, so die Leiterin des Schulverwaltungsamtes, Karin Korn. „Wie die Ergebnisse des Projekts aber eindrücklich zeigen, lohnt sich dieser Aufwand. Die Ergebnisse machen deutlich, dass hier Erkenntnisse untermauert werden, die auch für die Gestaltung des Schullebens relevant sind, um die bestmögliche Förderung und Entwicklung der Kinder zu ermöglichen.“

Ein wesentlicher Baustein des Projektes ist der Bereich Kultur, der den acht- bis neunjährigen Kindern mittels Ausflügen oder Museumsbesuchen im Verlauf vermittelt werden soll. Diese Termine finden außerhalb der Unterrichtszeit statt. In den vergangenen Monaten nahmen die Kinder an einem Ausflug in die „Wilhelma“ teil oder besuchten gemeinsam das Landesmuseum Stuttgart und eine Partie des VfB Stuttgart. Zudem reiste die Gruppe zum Fußball-trifft-Kultur-Turnier nach Hamburg. Hier trafen sich alle Kinder aus den Projektstädten und lernten sich kennen. Für viele war es der erste Ausflug ohne ihre Eltern überhaupt – auch das ein pädagogischer Beitrag des Projektes.

Ausblick

Das Projekt an der Martin-Luther-Schule endet mit dem Schuljahr Ende Juli 2011. Aufgrund der positiven Erfahrungen haben sich die Verantwortlichen bereits frühzeitig um eine Anschlussfinanzierung bemüht. Mit Dr. Eduardo Garcia, Vorstand der garmo AG, wurde ein neuer Sponsor gefunden, der die Fortsetzung des Projektes an der Martin-Luther-Schule in den nächsten zwei Schuljahren ermöglicht. Garcia konnte sich bei einem Besuch in der Schule persönlich davon überzeugen, wie wirkungsvoll die Kombination von Fußball und Sprachförderung für die beteiligten Kinder gewesen ist. Das Anschlussprojekt startet im Oktober 2011 und richtet sich dann wieder an die Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse.

Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit habe, mit meiner -Gazi Kinderstiftung- dieses sinnvolle Projekt und damit sozial benachteiligte Kinder aus sozial schwachen Schichten unterstützen zu dürfen“, so Dr. Eduardo Garcia, Vorstand der garmo AG. „Ich bin überzeugt, dass alle Beteiligten ihr Bestes geben und wir einen Beitrag dazu leisten, die Zukunftschancen und Perspektiven dieser Kinder zu verbessern. Die Basis zur Integration in eine Gesellschaft, sowohl von Migrantenkindern als auch von Kindern aus sozial schwachen Schichten, ist primär die „Sprache“. In Verbindung mit dem Sport lernen sie zudem, Regeln und Vorgaben zu akzeptieren.“

Neben der Marin-Luther-Schule wird das Projekt „Fußball trifft Kultur“ ab Oktober 2011 auch an einer weiteren Stuttgarter Grundschule durchgeführt: Mit Spendengeldern der Stuttgarter Zeitung kann die Initiative an der Lerchenrainschule in Stuttgart-Süd für zwei Schuljahre finanziert werden. Die Lerchenrainschule wird das Projekt gemeinsam mit den Stuttgarter Kickers umsetzen. „Ich freue mich sehr, dass das Projekt in Bad Cannstatt und zusätzlich auch in Stuttgart-Süd fort- bzw. neu umgesetzt werden kann“, so Roswitha Wenzl. „Stuttgart ist eine der Städte in Deutschland mit dem höchsten Anteil an Ausländern und Migranten. Eine gezielte Sprachförderung für die faire Bildungschance jedes einzelnen Kindes ist hier von besonderer Bedeutung. Darüber hinaus aber erfahren die Kinder in diesen zwei Jahren eine individuelle Zuneigung und Wertschätzung ihrer Person. Beides zusammen erscheint mir die beste Voraussetzung zu sein für Lernmotivation und für die Fähigkeit, beziehungs- und gemeinschaftsfähig zu werden. Ich bin davon überzeugt, dass „Fußball trifft Kultur“ der richtige Ansatz hierfür ist.“