TOM UND BENNI IN PARIS | Folge 12
04.08.2024
Bei den Olympischen Spielen in Paris hat die SportRegion Stuttgart gleich zwei Sportjournalisten vor Ort – Tom Bloch und Benjamin Lau berichten in der Kolumne TOM UND BENNI IN PARIS exklusiv aus der französischen Hauptstadt. Für den Sportfotografen Benni Lau sind es die ersten Olympischen Spiele, Kollege Tom Bloch war bereits in Rio de Janeiro und in Tokio am Start. Täglich erzählen die beiden über ihre Erlebnisse in der Weltstadt an der Seine im Ausnahmezustand.
Folge 12: Enjoy The Silence!
Heute steht zur Abwechslung zunächst einmal Golf auf meinem Programm. Und das nicht etwa in offizieller Mission. Da ich an diesem Vormittag frei habe, habe ich mir Eintrittskarten gekauft und bin tatsächlich als „ganz normaler Olympia-Fan“ unterwegs. Als ich den Preis höre, den ich für meine Golf-Tickets zu zahlen habe, bin ich baff. 26,50 Euro – welch ein Schnäppchen! Den Schwaben in mir freut das sehr. Denn bei der Fußball-Europameisterschaft hätte ich damit vor ein paar Wochen sicher keines der 51 Spiele zu sehen bekommen und auch hier in Paris kosten die meisten Tickets deutlich mehr als das, was ich für mein Golf-Erlebnis bezahle.
Zunächst einmal genieße ich die Ruhe auf dem Gelände. Eine Woche lang habe ich jetzt täglich die Tischtennis-Stars begleitet. Mit einem unglaublichen Lärm in der Halle. „China, China!“, brüllt der eine Fan-Block. „Allez les Bleus!“, dröhnt es aus der anderen Ecke. So etwas habe ich zuvor in dieser Intensität noch nicht erlebt. Die Kollegen haben teilweise Oropax in den Ohren oder nutzen Kopfhörer mit Noise Reduction, um sich gegen den Lärm zu schützen.
Als Fotograf ist es da nicht immer einfach, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zumal ständig die La-Ola-Welle durch die Halle schwappt. Von angeblich zurückhaltenden Asiaten bemerke ich nichts. Die chinesischen Fans rasten komplett aus! Die Franzosen sowieso.
Hier beim Golf in Saint-Quentin-en-Yvelines, rund 40 Minuten vom Zentrum entfernt, ist es anders. Der Platz heißt LE GOLF NATIONAL und zählt zu den schönsten Europas. In der Nähe von Schloss Versailles gelegen, ist es eine unglaublich schöne, gepflegte Anlage mit vielen Wasser-Hindernissen, auf der man sich als Zuschauer frei bewegen kann.
Auf dem Golfplatz merke ich, wie schön es ist, zur Abwechslung mal im unteren Dezibel-Bereich unterwegs zu sein. Damit auch keiner auf die Idee kommt, hier Remmidemmi zu machen, halten Volunteers Schilder hoch, auf denen das Motto des Tages zu lesen ist: Quiet Please!
Ein weiterer Vorteil: Während ich in den vergangenen Tagen einen enormen Stress hatte, um ja nichts zu verpassen, kann ich jetzt das Event in vollen Zügen genießen. Kein Druck. Entspannung und Natur pur. Die leisen Töne überwiegen hier. I enjoy the silence.
Ich laufe ein wenig mit den deutschen Startern mit. Dann setze ich mich einfach ins Gras, direkt neben den Greens, und schaue den Profis beim Putten zu. Ich merke, wie ich mich entspanne. Die richtige Abwechslung zum „Runterkommen“ vom Trubel der vergangenen Tage.
Am späten Nachmittag heißt es für mich wieder: zurück in die Tischtennis-Halle. Im Finale des Damen-Einzels stehen sich zwei chinesische Spielerinnen gegenüber – und ich bin wieder als Fotograf im Einsatz. Titelverteidigerin Chen Meng setzt sich gegen Sun Yingsh durch. Die Fans auf der Tribüne rasten aus. „China! China!“, dröhnt es stakkatoartig. Weit über 100 Dezibel – ein Wahnsinn! Toll, dass so eine Stimmung beim Tischtennis möglich ist.
Kurz denke ich an den Vormittag zurück. Dort die Ruhe, hier der Lärm. Ich grinse. Wie vielfältig Olympia doch ist. Genau so, wie es sein soll. Advantage Paris!
Benni Lau
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