TOM UND BENNI IN PARIS | Folge 11
  03.08.2024


Bei den Olympischen Spielen in Paris hat die SportRegion Stuttgart gleich zwei Sportjournalisten vor Ort – Tom Bloch und Benjamin Lau berichten in der Kolumne TOM UND BENNI IN PARIS exklusiv aus der französischen Hauptstadt. Für den Sportfotografen Benni Lau sind es die ersten Olympischen Spiele, Kollege Tom Bloch war bereits in Rio de Janeiro und in Tokio am Start. Täglich erzählen die beiden über ihre Erlebnisse in der Weltstadt an der Seine im Ausnahmezustand.

Folge 11: Under pressure

Dies ist die Geschichte vom kleinen Self-Service-Drucker im großen Pressezentrum unterm Eiffelturm. Und die geht so: Im so genannten Venue Media Center VMC, also dem Pressezentrum, steht ein Drucker, extra beschriftet: „Self-Service Printer.“ Aus Nachhaltigkeitsgründen wird bei Olympia auf Papier verzichtet. Wer aber trotzdem Informationen ausdrucken will, kann das an diesem Drucker, vorausgesetzt, man hat diesen auf seinem Rechner installiert.

Die Anweisung daneben, wie man ihn über das vorhandene Netzwerk mit seinem eigenen Rechner verbindet, ist zwei DIN A4-Seiten lang. Dabei wird beschrieben, dass man während der Druckerinstallation den am Drucker aufgeklebten Namen („EIF-Q1BOBPW-005“) eingeben soll. Nur halt nicht so, wie es auf dem Aufkleber steht. Sondern die Buchstaben alle kleingeschrieben. Und zusätzlich soll man die Endung „.otn.infra-dt.com" anfügen.

Hätte man ja eigentlich gleich auf das Label drucken können, welches am Drucker angeklebt ist. Aber gut.

Ich mach mich an die Installation, genau laut Anleitung. Und will anschließend ausdrucken. Der Drucker piepst einmal. Mehr nicht. Kein Papier kommt raus. Keine Fehlermeldung leuchtet auf.

Eine der freundlichen Volunteers sieht mich am Drucker stehen und will mir helfen. Sie weiß zu berichten, dass es schon früh Probleme gab und sie extra einen IT-Spezialisten geholt hätten, der meinte, jetzt würde alles wieder gehen. Aber selbstverständlich würde sie mir sofort wieder Hilfe besorgen.

Ich gebe ihr zu verstehen, dass das überhaupt nicht notwendig  sei. Weil ich eines gelernt habe bei Olympia: Selbstorganisation ist Gold wert.

Dennoch, etwa eine halbe Stunde später steht ein sehr erfahren aussehender Franzose mit Sonnenbrille auf der Nase und Smartphone in der Hand am Drucker, gehüllt in eine weiße Weste. „IT-Service“ steht hinten aufgedruckt. Er scrollt sich die Finger wund in seinem Smartphone, weil er in zahlreichen Screenshots die richtigen Informationen finden will. Findet aber nix. Dann zeig ich ihm, wie weit ich bisher gekommen bin.

Er gibt mir zu verstehen, dass ich ja einen Mac hätte. Und das wäre natürlich ein Sonderfall. Hmmmmh.

Ich verweise auf die Kollegen im Pressezentrum. Es gibt glaub ich keinen Fotografen, der keinen Mac besitzt. Nun gut.

Er telefoniert. Kurze Zeit später stehen gleich fünf junge Leute da. Alle sprechen gleichzeitig, und einer hackt sofort auf der Tastatur meines Rechners herum. Weit kommt er aber nicht. Denn mein Mac spricht Deutsch, ich wenig Französisch und die Jungs kein Englisch.

Kommt mir langsam alles Spanisch vor.

Lange Diskussionen. Kurzer Prozess.

Er  macht dasselbe nochmal, was ich bereits vorgenommen habe.

Und sagt: Voilá! Und strahlt.
Ich sag: Moment. Erst drucken wir eine Seite aus.
Die kommt raus und er sagt: Voilá!
Ich sag: Moment.

Zu recht. Denn plötzlich kommt noch ne Seite, und noch eine, und noch eine. Und noch eine. Keiner weiß, wie man den Drucker stoppt, der immer eine Zeile Hieroglyphen druckt, und dann eine neue Seite startet. Bis einer der Jungs einfach die Papierkassette rauszieht. Während dann vier Mann den produzierten Papierstau beseitigen, telefoniert der fünfte.

Und plötzlich steht Torea Lehartel da. Ein Mann in offizieller Olympia-Kleidung, mit wichtigem Funkgerät ausgestattet, im Besitz von englischen Sprachkenntnissen, und: Ahnung!

So muss der IT-Gott aussehen.

Torea gibt mir souverän zu verstehen, dass er das Problem kenne, die Lösung aber illegal sei. Denn er dürfe nicht an Rechner anderer Menschen Änderungen vornehmen.

Dennoch schnappt er sich mein Macbook, geht online und installiert den passenden Treiber. Nun ja. Hätt ich auch selbst drauf kommen können. Aber ich habe eben brav die zwei Seiten Anweisung abgearbeitet.

Dann geht alles ganz schnell.
Er gibt den Druckernamen ein. IN GROSSBUCHSTABEN wie auf dem Label.
Und ohne diese vermaledeite Endung. Dann verknüpft er Rechner, Druckertreiber und Drucker.

Wir schicken einen Ausdruck ab, der tatsächlich auch langsam aus dem Drucker läuft.

Eine Seite. Komplett richtig und perfekt gedruckt. Und ohne Papierstau.

Wir alle lachen.

Und ich mach auch Druck.

Und zwar auf den Auslöser.

Es sind solche kleinen Geschichten, die Ereignisse wie Olympische Spiele groß machen.

Nachtrag: Einen Tag später kommt Beachvolleyball-Olympiasieger Jonas Reckermann mit seinem iPad zu mir, der hier vor Ort die Spiele für das ZDF kommentiert. Er habe gehört, ich könne den Drucker installieren …

Tom Bloch

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