Jürgen "Max" Veith: Seit mehr als 25 Jahren Tischtennis-Manager

Nach der Schulzeit in meinem Geburtsort Dettingen/Erms wurde ich zur Bundeswehr eingezogen und kam in die Sportkompanie nach Philippsburg, wo auch meine Vereinskameraden vom SSV Reutlingen, der mehrmalige deutsche Tischtennismeister Peter Stellwag und Reinhard Sefried, Dienst taten. Als die Weltmeisterschaften 1977 in Birmingham anstanden, wollte mich Peter Engel als „Sparringspartner“ dabeihaben, so dass der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) offiziell bei meinem Kompanie-Chef um Sonderurlaub nachfragte.

Zunächst hatte ich bis zur C-Jugend beim TSV Dettingen gekickt und Tischtennis gespielt, ehe ich zum SSV nach Reutlingen wechselte, um nur noch Tischtennis zu spielen. Mit dem Zug ging’s nach Metzingen, wo ich umstieg und weiter nach Reutlingen fuhr. Dort lernte ich auch Peter Stellwag kennen, den ich 1992 – da war ich schon Manager in Frickenhausen – nach jahrelangem „Bohren“ schließlich zu einem Wechsel zum TTC überreden konnte. In der Reutlinger Zeit hat mir „Stell“ auch meinen Spitznamen „Max“ verpasst: Der SSV hatte 1976 das Finale des Messecups (damals vergleichbar mit dem UEFA-Cup im Fußball) gegen die „ungarische Supermannschaft“ (so der Reutlinger General-Anzeiger) Spartacus Budapest mit Weltmeister Tibor Klampar und István Jónyer in La Valetta auf Malta erreicht. Stellwag wollte am Strand ein Foto von uns machen und bat uns, noch etwas zurückzugehen. So stand ich plötzlich im Wasser und trat auf einen Seeigel. Meine Schmerzensschreie und mein Gejammer kommentierte der zu dieser Zeit schon dreimalige Deutsche Meister mit den Worten: „Jetzt guckt Euch mal den Max an, wie der sich anstellt!“ Seitdem war ich „Max“.

Das Finale ging übrigens mit 1:5 verloren (nur Heinz Schlüter gewann sein Match), doch die SSV-Delegation mit Trainer Manfred Grumbach, „Stell“, Manfred Baum, Schlüter und Abteilungsleiter Gerhard Roesener sowie Reutlingens Bürgermeister Karl Kaiser und Gattin repräsentierte die Achalmstadt vorbildlich. 1980 wechselte ich dann zum damaligen Zweitligisten TTC Frickenhausen und spielte dort unter anderem mit dem Amerikaner Mike Bush zusammen. 1983 kam der Schwede Ulf Thorsell ins „Neuffener Täle“, der viermal an Weltmeisterschaften teilgenommen hatte und dabei zwei Team-Bronzemedaillen gewinnen konnte. Mit ihm stiegen wir 1984 in die 2. Bundesliga auf; leider ist er vor etwa vier Monaten im Alter von erst 65 Jahren an einem Hirntumor verstorben.

Als ich meine Spieler-Karriere, nicht zuletzt aus beruflichen Gründen, dann 1988 beendete, meinte TTC-Präsident Rolf Wohlhaupter-Hermann („RWH“) lapidar: „Dann machst Du halt jetzt den Manager!“ Ein großer Erfolg war die Verpflichtung von Peter Stellwag. 1992 fand in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle die Tischtennis-EM statt, und dort habe ich „Stell“ so lange „belabert“, bis er endlich zustimmte und zum TTC kam. Er ist heute noch bei uns Mitglied und mein Freund, und er kommt auch noch ins Training, wenn es ihm seine Zeit als viel beschäftigter Zahnarzt erlaubt. Zur gleichen Zeit habe ich 1992 unseren langjährigen Spieler und Trainer Jan Xin Qiu verpflichtet. Damit war ein schlagkräftiges Team am Start.

Meine schönsten Zeiten beim TTC erlebte ich mit Ding Yi. Ich werde nie vergessen, wie wir 1998 im Final-Hinspiel um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft beim TTC Zugbrücke Grenzau mit 1:6 verloren hatten. Trotz dieser aussichtslosen Situation kamen im Rückspiel 1.800 Zuschauer in unsere Halle, die natürlich aus allen Nähten platzte. Unser Team holte Punkt um Punkt und führte zwischendurch schon 5:1, und Ding Yi sprang nach dem Siegball in seinem Match mit beiden Beinen auf den Tisch und ließ sich in Jubelpose feiern. Schließlich endete die Partie jedoch nach dem entscheidenden zweiten Punkt für Grenzau 5:5 – und wir waren leider „nur“ Vize-Meister.

Das Pokalfinale in der Saison 1997/1998 gegen den TTV Gönnern stieg in Rotenburg an der Fulda, und aus Frickenhausen fuhren drei volle Fan-Busse sowie zahlreiche Pkw mit. Das hochdramatische Match ging jedoch mit 3:4 verloren, den entscheidenden Punkt machte ein 17-jähriges Talent, das noch gar nicht viele kannten: ein gewisser Timo Boll! Mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga 2001 endete schließlich meine – erste – Managertätigkeit beim TTC.

Ursprünglich hatte ich ja Grundschullehrer werden wollen, ich studierte an der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen und legte 1983 die erste Dienstprüfung ab. Damals gab es jedoch einen kompletten Einstellungsstopp für Lehrer, so dass die Aussichten, eine Stelle zu bekommen, nicht gerade rosig waren. Da kam mir das Angebot von Willy Bahnmüller, einem eisernen TTC-Fan, in seiner Versicherungsagentur eine Lehre zum Versicherungskaufmann zu absolvieren, sehr gelegen, zumal er mir die Perspektive bot, die Agentur zu übernehmen, wenn er in den Ruhestand gehen würde. 1990 folgte mein Wechsel in das Vorsorgecenter Hötzel von der Württembergischen Versicherung, 2014 zogen wir aus den alten Räumen in der Stadt ins Industriegebiet „Au“ am Nürtinger Stadtrand. Heute bin ich, zusammen mit meinen Kollegen Hardy Kampke und Frank Maier, Geschäftsführer des Centers, und mit zirka 20 Mitarbeiter/innen sind wir die größte Vertretung der „Württembergischen“ bundesweit.

Nach der Pause stieg ich 2009 zum zweiten Mal beim TTC als Manager ein. Wir kamen 2008/2009 noch ins Halbfinale der Play-Offs, mussten aber in der folgenden Saison als Tabellenletzter in den sauren Apfel des Abstiegs beißen. In der Saison 2010/2011 gelang mit nur zwei Minuspunkten der direkte Wiederaufstieg aus der 2. in die 1. Bundesliga und 2011/2012 sowie 2012/2013 jeweils der Klassenverbleib. Im Jahr drauf standen wir noch einmal im Play-Off-Halbfinale, doch nach dem achten Platz 2014/2015 verzichteten wir aus finanziellen Gründen auf die Eliteklasse und gingen freiwillig einen Stock tiefer.

Heute gibt es nach dem Zusammenschluss mit dem TSV Frickenhausen vor zwei Jahren zu „Tischtennis Frickenhausen“ dank Thomas Brüchle und der neu gegründeten Para-Abteilung künftig auch wieder Bundesliga-Matches im „Täle“ zu bewundern. Brüchle ist zweimaliger Team-Weltmeister und sechsmaliger Europameister, und spielt mit seinem Partner, dem Iren Colin Judge, nicht nur in der Rollstuhl-Bundesliga, sondern auch als Nummer 1 bei den TT-Männern in der Landesklasse – und ist dort der überragende Spieler. Zuletzt nahm er an den Paralympics in Tokio teil und holte mit Thomas Schmidberger, wie schon 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro, die Silbermedaille im Team-Wettbewerb gegen die unschlagbaren Chinesen.

Neben Tischtennis habe ich noch weitere Hobbys: Mit sieben Jahren begann ich mit dem Briefmarkensammeln (Spezialität „Württemberg zwischen 1851 und 1875“ sowie „Privatpost Stuttgart 1886 bis 1900“). Im Tennis, das ich schon immer im Sommer als Ausgleichssport betrieben habe, sind wir mit dem Ü-55-Team des TSV Frickenhausen gerade in der Württembergliga Vize-Meister hinter Ravensburg geworden, aber Gottseidank nicht aufgestiegen! Als großer Fußball-Fan (VfB Stuttgart und 1860 München) reiste ich 2014 zur WM nach Brasilien und betätigte mich als Kolumnist für die „Nürtinger Zeitung“. Das hat mir einen Riesen-Spaß gemacht!

Mein Sohn Patrick (25) ist übrigens ein großer 1860-Fan, so dass wir in der Familie ausreichend Diskussionsstoff haben. Meine Frau Silke war früher Turnerin, während unsere Tochter Nicola (20) Tennis spielt. Silke habe ich übrigens bei einem Segeltörn in der Karibik kennengelernt, sie stammt aus Kressbronn am Bodensee und fuhr mit ihrer Freundin 1992 mit, als wir mit zwei Booten zwischen Mustique, St. Lucia, St. Vincent und Grenada herumsegelten. Zwei Jahre später ist die ganze Clique dann mit drei Segelbooten in der Karibik unterwegs gewesen, und wir haben am Strand von Antigua geheiratet – an meinem Geburtstag, am 18. Juli! So kann ich wenigstens meinen Hochzeitstag nie vergessen! Gefeiert wurde abends im „Admirals Inn“, dort hatte wohl vor rund 200 Jahren schon Lord Nelson seinen Sieg über die Franzosen begossen!

2008 brachte ich im Eigenverlag in einer Auflage von 2.000 Exemplaren ein Buch heraus: „Kinder des Urwalds – Eine schwäbische Lebensgeschichte“. Diesen Tatsachenroman hat mein Vater Rudolf Veith – zusammen mit der Schriftstellerin Gudrun Maria Krickl aus Grafenberg – geschrieben, die unter dem Pseudonym Maria Nikolai unter anderem die Romane „Die Schokoladenvilla 1-3“ verfasst hat. Mein Vater wurde 1925 in Brasiliens Südprovinz Rio Grande do Sul geboren, einem abgelegenen Tal, das ausschließlich von schwäbischen Einwanderern bewohnt war. Bei dem Büchlein handelt es sich um „Gute-Nacht-Geschichten“ für seine Kinder (ähnlich wie bei „Rulaman“ von David Friedrich Weinland, dessen Enkel Erhard übrigens in meine Schulklasse ging). Mein Vater hatte die Anekdoten mit fast 80 Jahren handschriftlich notiert, und meine Kollegin Kira Wagner sie dann digital erfasst.


Jürgen „Max“ Veith  kam in Dettingen/Erms zur Welt und ist dort immer noch wohnhaft. Er ist Geschäftsführer eines eigenen Vorsorgecenters in Nürtingen. Veith studierte zunächst auf Lehramt, spielte Fußball (bis zur C-Jugend) und Tischtennis (bis 2. Bundesliga). Als Manager des Bundesligisten TTC Frickenhausen war er ebenso erfolgreich wie als Tennisspieler (Ü55), Herausgeber eines Buches oder Kolumnist der „Nürtinger Zeitung“ von der Fußball-WM 2014 in Brasilien, wohin sein Großvater einst auswanderte und sein Vater viele Jahre seines Lebens verbrachte.

[Fotos: Pressefoto Baumann]