Dagmar Beck: Erfolgreich auf dem Tanzparkett

Angefangen als Leistungssportlerin habe ich mit sieben Jahren beim MTV Aalen in der Rhythmischen Sportgymnastik. Meine Schwester hatte mich ins Training mitgenommen. Zehn Jahre lang war ich in der RSG aktiv und gewann zweimal die Deutsche Meisterschaft der Junioren sowie einmal den Titel mit der Gruppe. Mit dem beruflich bedingten Umzug nach Fellbach – mein Vater war Polizist – kam ich 1979 erstmals mit dem Tanzsport in Berührung und tauschte Band, Seil, Reifen, Keulen und Ball gegen einen Tanzpartner ein.

In der Tanzschule Schumann/Klett in Waiblingen lernte ich meinen Ehemann Norman kennen – das war mein Moment im privaten Bereich, denn wir heirateten 1983 und tanzen seitdem unser ganzes Leben lang zusammen. Zunächst nahmen wir für Grün-Gold Winnenden an zahlreichen Turnieren bis in die S-Klasse in Standard und Latein teil. 1983 erfolgte der Wechsel zum 1. TC Ludwigsburg – wir sind dort jetzt seit fast 40 Jahren Mitglied –, wir waren Semifinalisten der Deutschen Lateinmeisterschaft, mehrmals Finalisten der Deutschen Standardmeisterschaft sowie Mitglied im Bundeskader Standard. Als Mitglieder der Standard-A-Formation des TCL wurden wir 1985, 1986 und 1987 jeweils Weltmeister, Europameister und Deutscher Meister. Dafür zeichnete der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker uns, die TCL-Formation, mit dem Silbernen Lorbeerblatt, der höchsten Auszeichnung im deutschen Sport, aus.

1990 wurden Norman und ich Profis und waren mehrmals Finalisten der Deutschen Meisterschaft Standard im Paartanz sowie Finalisten Standard und Kürtanz bei den German Open Championships (GOC), die damals noch in Mannheim und nicht in Stuttgart stattfanden. Mehrmals erreichten wir die Finals bei Welt- und Europameisterschaften und gewannen 1993 die Deutsche Grand-Prix-Serie. 1992 bei der Weltmeisterschaft im Kürtanz in der Berliner Deutschlandhalle erlebte ich dann den ersten von drei meiner großen Momente im Sport. Norman und ich holten zum Thema „Die Schwarze Witwe“ die Silbermedaille und von den 8.500 Zuschauern gab es Standing Ovations, sie haben getrampelt und geklatscht und uns gefeiert – nicht die Weltmeister, die Geschwister Jens und Kerstin Jörgens aus der ehemaligen DDR! Dieses Gefühl damals, das vergesse ich nie wieder!

Mein zweiter Moment im Sport war der Gewinn der Weltmeisterschaft mit der TCL-Formation in der Stuttgarter Porsche-Arena als Trainerin. Das war im Jahr 2007. Im Vorfeld hatte es unheimlich viel Stress gegeben, bis sich alle zusammengerauft hatten, und der Titel kostete viel Schweiß. Die neue Choreographie zu „Barcelona“, der tollen Musik mit Montserrat Caballé und Freddy Mercury, und die erstmals gezeigte „Ludwigsburger Krone“, die im Finale punktgenau passte, erfüllten mich mit Stolz und Freude und erzeugten in mir ein Gefühl, etwas Außergewöhnliches geleistet zu haben. Bis die „Krone“ tatsächlich „saß“ und klappte, hat es ziemlich lange gedauert, wir hatten dazu viel mit einem Ballettmeister aus Stuttgart geübt. Diese Figur war immer ein Knackpunkt und ein Zitterspiel – und wenn sie geklappt hatte, waren alle erleichtert und der Rest der Choreografie lief sozusagen von selbst. Ein ähnliches Gefühl von Freude, Stolz und tiefer Befriedigung wie in der Porsche-Arena 2007 gab mir der Sieg 2009, als unsere Formation in der neu eröffneten MHP-Arena in der eigenen Stadt und vor den eigenen Zuschauern Weltmeister wurde. Das war ein wahnsinniges Publikum, völlig aus dem Häuschen, und wir wurden unglaublich gefeiert – mein Moment Nummer drei!

Nach unserer Profilaufbahn wechselten wir von der Aktiven-Seite auf die Trainerseite und sind nun seit 26 Jahren in dieser Funktion tätig. In dieser Zeit absolvierte ich alle Trainerscheine, wurde Wertungsrichterin S national und international, Landestrainerin von Baden-Württemberg und 2016 von Tanzsport Deutschland zur Verbandstrainerin Standard ernannt. Sieben Mal konnten wir den Weltmeistertitel feiern, drei Mal Gold bei Europameisterschaften und sechs Titel bei den „Deutschen“. Von 1996 bis heute haben von mir betreute Paare fast 100 Jugend-Landesmeistertitel gewonnen. Das freut mich sehr, denn gerade mit der Jugend arbeite ich sehr gerne und es macht mir viel Spaß. Dabei stehe ich ständig vor neuen Herausforderungen, aber die Kids geben mir auch unheimlich viel zurück. Manchmal bin ich auch, sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen, eine Art „Seelentröster“ und höre zu, wenn sie mit Problemen zu mir kommen.

Oft werde ich gefragt, warum ich und nicht Norman während der Auftritte der Formation an der Tanzfläche sitze. Nun, anfangs saß er dort, später wechselten wir, zum Beispiel ich in der Vorrunde, Norman beim Finale. Aber das brachte das Team dann doch durcheinander, so dass ich jetzt immer unten sitze und Norman oben auf Höhe der Wertungsrichter, damit er aus deren Sicht den Auftritt beurteilen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen kann. Ein Wertungsrichter hatte übrigens damals die Diskussion, wer an der Fläche sitzen soll, mitbekommen und lapidar festgestellt: „Dagmar macht sich optisch besser!“ Auch das Thema „Maskottchen“ wurde oft diskutiert, denn eigentlich ginge es ja auch ohne, aber es war dann der ausdrückliche Wunsch des Teams, dass ich das jeweils aktuelle im Arm auf die Fläche bringe. Bei jeder neuen Choreo gibt es ein neues Maskottchen, es waren beim TCL schon ein Plüschhund, ein Hai und viele andere …

Trotz aller Erfolge und der dadurch erhaltenen Ehrungen – 2008 wurden Norman und ich vom Landessportverband (LSV) als „Trainerteam des Jahres“ ausgezeichnet – wollen wir in erster Linie unserem Stil treu bleiben. Unser Credo: „Wir beziehungsweise unsere Paare und unsere Formationen tanzen nicht nur für die Wertungsrichter, sondern auch für die Zuschauer!“


Dagmar Beck wohnt in Oberrot (Landkreis Schwäbisch Hall). Als Tänzerin gewann sie dreimal WM-Gold mit der TCL-Formation, wurde Vize-Weltmeisterin der Profis (Standard Kür) und führte als Trainerin mit ihrem Mann Norman den 1. TC Ludwigsburg zu zahlreichen Erfolgen und Medaillen.

[Fotos: Pressefoto Baumann]