ZEITREISE | Bobsport – Eis ist nicht gleich Eis
  31.01.2022


SPORT IM WANDEL lautet das Jahresmotto 2022 der SportRegion Stuttgart. In diesem Zusammenhang gibt es in diesem Jahr die Serie ZEITREISE. In der fünften Folge geht es um den Bobsport. Gleich zwei Athleten des Bob Clubs Stuttgart Solitude haben den Sprung zu den Olympischen Winterspielen 2022 geschafft: Johannes Lochner und Michael Salzer werden in Peking dabei sein. 

Bobsport – Vier Bahnen in Deutschland

Was in St. Moritz in der Schweiz auf Natureis begann, ist heute ein Hightech-Sport in Eiskanälen mit künstlichen Kühlsystemen. Bobfahren ist ein Sport, bei dem nur sehr selten keine deutschen Athletinnen und Athleten auf dem Podium stehen. Deutschland ist derzeit das Land mit den meisten Bob- und Rennrodelbahnen, die Weltcup-Standards entsprechen. Vier der siebzehn Bahnen stehen in Deutschland. Doch angefangen hat alles dort, wo jährlich die letzte Bahn aus Natureis aufgebaut wird – in St. Moritz.

Die Engländer haben’s einst erfunden

Zum eigenen Zeitvertreib entwickelten englische Wintertouristen in den frühen 1870er Jahren lenkbare Schlitten. Sie nannten das Ganze damals „bobbing“. Der erste Bob-Club wurde 1897 in St. Moritz gegründet, der „Saint Moritz Bobsleigh Club“. Im Jahr 1903 wurde die erste Natureisbahn in Betrieb genommen. Es ist die einzige Natureisbahn, die bis heute in jedem Jahr wieder neu aufgebaut wird. Die ersten Natureisbahnen in Deutschland entstanden wenige Jahre später, so auch die Olympia-Bobbahn Rießersee (in Garmisch-Partenkirchen). Sie galt während ihres Bestehens zwischen 1910 und 1966 als eine der gefährlichsten Bahnen, vier Bobpiloten verunglückten hier tödlich. Bereits damals erreichten die Bobs Geschwindigkeiten von 120 km/h. Die damaligen Schlitten sind mit den heutigen nicht zu vergleichen. Zunächst wurde auf Holzschlitten gefahren, später dann auf Metallschlitten, welche mit einer Steuerung ohne jegliches Gehäuse versehen wurden. Die modernen Bobs sind aerodynamisch und aus Glasfaser und Stahl gebaut. Als schnellste Bahn der Welt gilt derzeit das Whistler Sliding Center in Kanada, hier werden Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h erreicht.

Entwicklung hin zur Kunsteisbahn

Im Bobsport haben nicht nur die Bobs einen enormen technischen Fortschritt hingelegt, auch die Bahnen wurden weiterentwickelt. Während bis 1969 die Bob- und Rennrodelbahnen alle Natureisbahnen waren, wurden seit diesem Zeitpunkt nahezu alle Bahnen auf Kunsteis umgebaut. Dieser technische Fortschritt begann am Königssee. Für die 1959 erstmals gebaute Rodelanlage wurden pro Saison etwa 10.000 Eisblöcke aus den umliegenden Seen herausgesägt und zur Bahn transportiert. Mit steigenden Temperaturen schmolz die Bahn dann stets im Frühjahr und geplante Wettbewerbe mussten teilweise abgesagt werden. 1968 beschloss man den Umbau der Bahn zu einer Kunsteisbahn – der ersten weltweit. Gemeinsam mit dem Stuttgarter Ingenieur Werner Deyle wurde innerhalb von vier Monaten die erste Kunsteisbahn der Welt gebaut, bereits 1969 wurden die ersten Wettbewerbe auf der neuen Bahn ausgetragen. Das vorher mehrere Meter dicke Eis ist jetzt nur noch wenige Zentimeter dick. Heute wird die Bahn über ein 75.000 Meter langes Rohrsystem gekühlt und kann theoretisch bei außen Temperaturen von bis zu plus 20 Grad Celsius mit Eis genutzt werden.

Die neuste und mit 1975 Metern längste Bahn der Welt steht in China. Im Februar 2022 wird sich bei den Olympischen Spielen zeigen, wie gut die deutschen Bob-Sportlerinnen und -Sportler mit dieser neuen Bahn zurechtkommen. Die Chancen stehen gut, dass die eine oder andere Medaille nach Deutschland mitgenommen wird.

Mehr Infos: http://www.planungsbuero-deyle.de/html/konigssee_bobbahn_.html und https://youtu.be/8R7PXLx04GQ

 

 

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