TOM UND BENNI IN PARIS | Folge 9
01.08.2024
Bei den Olympischen Spielen in Paris hat die SportRegion Stuttgart gleich zwei Sportjournalisten vor Ort – Tom Bloch und Benjamin Lau berichten in der Kolumne TOM UND BENNI IN PARIS exklusiv aus der französischen Hauptstadt. Für den Sportfotografen Benni Lau sind es die ersten Olympischen Spiele, Kollege Tom Bloch war bereits in Rio de Janeiro und in Tokio am Start. Täglich erzählen die beiden über ihre Erlebnisse in der Weltstadt an der Seine im Ausnahmezustand.
Folge 9: Bow wow wow, yippy yo, yippy yay!
Olympia in Paris heißt: Es geben sich auch zahlreiche Stars quasi die Klinke in die Hand. Nicht nur als Ehrengäste oder gar Fackelträger bei der Eröffnungsfeier. Sondern eben auch als ganz normale Zuschauer bei den einzelnen Wettbewerben.
Tom Cruise war beim Schwimmen, Lady Gaga beim Turnen, Rapper Flavor Flav beim Wasserball, Bill Gates beim Tennis, Mick Jagger beim Fechten. Gesehen wurden auch schon die Hollywood-Regisseure Stephen Spielberg und Spike Lee, Schauspielerin Charlize Theron und auch Nicole Kidman mit Keith Urban und Familie. Auch ehemalige Weltklasse-Athleten schauen sich die Wettkämpfe an wie zum Beispiel Michael Phelps oder Serena Williams. Paris, the place to be.
Jemand, der immer wieder auftaucht, ist die schillernde Rapper-Legende Snoop Dogg, der als offizieller NBC-Korrespondent Paris unsicher macht und dabei auch die Spiele 2028 in seiner Heimatstadt Los Angeles promotet. Bei der Eröffnung war er als Fackelträger im Einsatz, aber auch bei den einzelnen Events zeigt er sich immer wieder.
Als Journalist ist es gut, wenn man Informanten hat. Und wenn man diese pflegt. Und so ein „Vögelchen“, das ich bereits in Tokio kennengelernt hatte, zwitscherte mir am Morgen, dass irgendwann zwischen 14 und 15 Uhr, zum Beachvolleyball-Spiel der US-amerikanischen Medaillenanwärterinnen Sara Hughes/Kelly Cheng, besonderer Besuch kommen würde.
Bow wow wow, yippy yo, yippy yay.
Snoop Dogg himself würde dann also „in da house“ sein. Diese vertrauliche Information enthielt auch, dass Snoop auf den speziellen Plätzen, die für die Kommentatoren reserviert sind, das Spiel anschauen werde.
Damn! Klarer Fall für einen Paparazzi wie mich!
Ab 14 Uhr bin ich bereit. Beobachtet die Szenerie. Denn mir ist klar, dass Snoop einiges auf der To-do-Liste haben würde bei so einem Termin. Und vor allem um sich herum eine Brigade, die ihn abschirmt.
Und genauso kommt es dann auch.
Ich bemerke, wie ein Kamerateam sich im Pressezentrum fertigmacht.
Leute, die bislang noch nie beim Beachvolleyball unterm Eiffelturm waren. Dann ziehen sie los und platzieren sich draußen bei 39°C im Schatten. Immer wieder checke ich, ob sie noch da sind. Und auf einmal sind sie weg.
Mein Startzeichen.
Ich klettere die steilen Treppen flugs hoch zu den Kommentatorenboxen.
40 Minuten vor Spielbeginn, gleißendes Sonnenlicht, brutale Hitze.
Mir ist klar, dass hier niemand demnächst Platz nehmen wird. Außer die ersten Zuschauer, die zum Session-Beginn ins Stadion kommen.
Aber ich sehe auch ein paar Volunteers, die mit großen Sonnenschirmen einerseits sich selbst schützen, andrerseits die blauen Tribünensitze beschatten, damit diese nicht so heiß werden, wenn man sich hinsetzt. Aha. Spezialservice also.
Auf einmal schirmt Security alles ab. Alle müssen die Fläche vor den Boxen räumen.
Da hilft es, wenn man diese finster drein schauenden Herrschaften längst kennt. Weil man sie jedes Mal grüßt, wenn man vorbeikommt. Und mich merkt man sich dann halt doch. Zudem hilft natürlich meine Akkreditierung und meine Fotoweste.
Sie lassen mich in eine leere Kommentarenbox passieren, obwohl ich da eigentlich keinen Zutritt habe. Und plötzlich sehe ich den Leibhaftigen auf dem Bildschirm in der Box. Die Gangsta-Rap-Legende steht in amerikanischen Farben gekleidet unten im Sand, unter Schirmen geschützt, und gibt ein Interview für NBC, redet über Beachvolleyball und seine Lieblinge Hughes/Cheng, die ihm Gold nach Hause bringen sollen.
That’s what’s up.
Dann kommt Unruhe auf.
Zuschauer haben ihn entdeckt, zücken Smartphones, und rufen. Snoop läuft mit seinem Tross unbeirrt wieder raus aus dem Stadion, trifft an der Ecke aber noch ein paar Offizielle, die mit ihm Selfies machen dürfen. Ich überlege, ob ich für meine Fotos auch schnell wieder absteigen soll.
Das würde allerdings mehrere Minuten dauern. Dann wäre er weg, denke ich.
Nein, ich vertraue meinem Tokio-Freund.
Harre der Dinge. Und tropfe.
Bei dieser Hitze wird er seinen Auftritt in der Menge kurz vor dem Spielbeginn machen. Und dann wieder ins Kühle verschwinden. Da bin ich mir sicher.
Wenn er kommt, dann kurz vor dem Anpfiff. Oder eben halt gar nicht.
Auch das ist Olympia. Verpasste Chancen.
Die Security-Leute um mich rum haben sich längst schon wieder entspannt. Zuschauer stehen oben bei den Kommentatorboxen im Umgang, machen Selfies von sich und dem Eiffelturm. Und genießen die Stimmung.
Der Moderator beginnt mit seiner Show. Die Athletinnen ziehen in die Arena ein und schlagen sich ein. Und mein graues T-Shirt hat sich längst dunkelgrau gefärbt unter der 100%-Polyester-Fotoweste.
Plötzlich geht alles ganz schnell. Security-Personal wächst wie Pilze aus dem Boden, schirmt einen Weg mit Spannbändern ab, der direkt zu den Sitzplätzen bei den Kommentatorenboxen führt.
Genau zu den Sitzplätzen, vor denen ich stehe.Das Kamerateam von vorher und noch ein paar Menschen um ihn rum, die ihn abschirmen, führen ihn an seinen Platz.
Riesiger blauer Regenschirm, rote Schlumpfmütze, blau-rot-weißer Trainingsanzug, und ein Ventilator in der Hand.
Manche Zuschauer erkennen ihn. Er winkt nur kurz und kümmert sich nicht weiter.
Dann beginnt unten im Sand die Show. Vorstellung der vier Spielerinnen. Der DJ legt „Drop it like it’s hot“ auf. Und stellt den besonderen Gast vor.
Alle schauen hoch zu ihm. Snoop gibt den Schirm ab, fängt an zu tanzen und macht einfach „his thaaang“.
Die Menge steht Kopf. Und ich direkt vor ihm und drücke den Auslöser. Dann beginnt das Spiel, Snoop und sein Tross verschwinden wenig später – genauso schnell wie er kam.
Und ich sitze im Pressezentrum, sichte meine Fotos, und grinse, und in meinen Ohren klingt es:
Bow wow wow, yippy yo, yippy yay.
Snoop Doggy, Dogg!
Tom Bloch
Alle Folgen der Serie: https://www.sportregion-stuttgart.de/tom-und-benni-in-paris