SPORTPSYCHOLOGIE | Nadine Volkmer
  30.05.2023


Im Sport setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass psycholgischen Aspekten eine wichtige Bedeutung zukommen sollte. Daher wirft die SportRegion im Jahr 2023 ein Schlaglicht auf dieses Gebiet. In der Rubrik SPORTPSYCHOLOGIE kommen Sportpsychologinnen und Sportpsycholgen zu Wort, die sich jeweils mit einem Teilaspekt auseinandersetzen. In der 8. Folge ist Nadine Volkmer dran.


Thema: Ziele erfolgreich umsetzen

Warum scheitern wir immer und immer wieder an unserem inneren Schweinehund, wenn es darum geht, einen Vorsatz in die Tat umzusetzen? Wie schaffen wir es, den inneren Schweinehund auch wirklich zu besiegen? Diese Fragen stehen häufig im Fokus vieler Menschen, die eine Veränderung anstreben.

Gehen wir von folgender Szene aus: Du tauschst dich in der Cafeteria darüber aus, was du am Abend noch unternehmen möchtest. Mal wieder hast du ein Ziel vor Augen: Du willst dich sportlich betätigen und möchtest nach der Arbeit direkt nach Hause gehen, um dein Sportzeug zu holen oder dich umzuziehen. Wenn du daheim ankommst, setzt du dich allerdings erst einmal auf die Couch, um dich von dem anstrengenden Tag zu erholen. Und während du bei der Auswahl des Fernsehprogramms hin und her zappst, sinkst du tiefer und tiefer in die Couch ein – mit dem Ergebnis, es nicht mehr zum Sport geschafft zu haben.

Das Rubikonmodell

Schon Heckhausen und Gollwitzer erkannten 1987, dass uns Pläne bei der Realisierung eines Vorhabens helfen können. Sie entwickelten das Rubikonmodell. In diesem Modell steht der Name „Rubikon“ für die Zielbildung und -umsetzung von Personen. Heckhausen und Gollwitzer griffen mit der Namenswahl die historische Entscheidung Caesars auf, den Rubikon zu überschreiten und damit einen Bürgerkrieg zu beginnen.

Das Rubikonmodell postuliert die folgenden vier Phasen der Zielverfolgung (nach Gollwitzer & Matzlacher, 1996; Heckhausen, 1989):

Handlungsphase

Inhalte

prädezisional
(motivational)

Verschiedene konkurrierende Ziele (z.B. zum Sport gehen) werden gegeneinander abgewogen, um Prioritäten aufgrund von Attraktivität und Realisierbarkeit zu setzen.

postdezisional (volitional)

Eine Entscheidung für ein Ziel wurde getroffen. Diese wird nun genauer geplant.

aktional
(volitional)

Die Handlung wird initiiert. Es wird sich auf das effiziente Erreichen des Handlungsergebnisses fokussiert.

postaktional

Die Handlung wird bewertet.

Zwischen der motivationalen und volitionalen Phase liegt der Rubikon, also die Formulierung unseres Ziels, welches nun konkret geplant wird. Hierbei handelt es sich um das entscheidende Kriterium für die Umsetzung von Zielen – das konkrete Planen des Zielvorhabens (z.B. heute Abend zum Workout zu gehen).

Wie man plant

Zurück zu unserem Beispiel: Dir hätte es also geholfen, wenn du vorher einen festen Plan gehabt hättest, bspw. wenn du dein Sportzeug schon mit an die Arbeit genommen hättest, um direkt von dort zum Workout zu starten.

Pläne stellen eine Möglichkeit zur Füllung einer Lücke dar (z.B. Mitnahme des Sportzeugs, um nicht noch einmal nach Hause zu müssen). Sie spezifizieren, wann, wo und wie ein Verhalten ausgeübt werden soll und haben die Struktur von Wenn-Dann-Beziehungen (z.B. „Wenn das letzte Meeting vorbei ist, dann gehe ich gleich schwimmen.“ oder „Wenn ich an der Arbeit alles erledigt habe, mache ich mein Workout.“). Je konkreter Handlungspläne (Wann-wo-wie-Pläne) gebildet werden, desto einfacher können sie auch umgesetzt werden. Vor allem in schwierigen Situationen oder stressigen Phasen helfen uns konkrete Pläne, an den gesteckten Zielen festzuhalten und erleichtern deren Umsetzung.

Von der Theorie in die Praxis

Jetzt müssen wir dieses Wissen nur noch in die Praxis integrieren. Soll heißen, wenn du dir vornimmst, Sport zu treiben, dann plane dein Vorhaben am Vortag durch. Hilft es dir, wenn du dich mit einem Freund oder einer Freundin verabredest, damit du dich auch wirklich sportlich betätigst oder dir eine kleine Belohnung zu setzen, wenn du dein wöchentliches Workout-Programm durchgeführt hast? Den meisten Menschen hilft es tatsächlich, einfach ihr Sportzeug morgens einzupacken, um nicht nochmal in die Versuchung zu gelangen, es sich daheim auf der Couch bequem zu machen.

Und je mehr positive Erfahrungen du damit machst, desto leichter überträgst du die Vorgehensweise auch auf andere Dinge. Das kann deinen Alltag und vielleicht sogar dein gesamtes Leben entstressen. Bleibe dabei jedoch spontan! Nur, weil du es an einem Tag mal nicht zum Sport schaffst, heißt das nicht, dass dein Vorhaben gescheitert ist. Dann brauchst du nur wieder etwas mehr Motivation, um das Versäumte nachzuholen. Ganz nach dem Motto: „Du bist nicht gescheitert, du holst neu Schwung!“

Plane ab jetzt ganz gezielt deine Vorhaben, dann wird es dir auch gelingen, sie zu realisieren.  



Nadine Volkmer arbeitet als Sportpsychologin mit einigen Athlet:innen des Olympiastützpunktes Stuttgart zusammen, v.a. in den Bereichen Beachvolleyball, Turnen und Tennis. Sie hat ein Magisterstudium der Sportwissenschaft, Psychologie und Pädagogik absolviert und ist zudem zertifizierte Sportpsychologische Expertin sowie Systemische Coachin. Aktuell promoviert Nadine Volkmer zudem im Feld der Sportpsychologie unter Nutzung des aufstrebenden Wissenschaftszweigs der Positiven Psychologie. Als ehemalige leistungsorientierte (Beach-)Volleyballerin (2. Bundesliga) bringt sie auch persönlich wertvolle Erfahrungen mit, um sich in die Sportler:innen und deren spezifische Thematiken einfühlen zu können.

Mehr Infos: https://www.nadinevolkmer.de/