MIKRO AN! | Jens Zimmermann
  20.09.2023


Die Stadionsprecherinnen und Stadionsprecher haben eine große Verantwortung. Das Gleiche gilt für die Hallensprecherinnen und Hallensprecher. Sie können mit ihren Durchsagen dafür sorgen, dass das Publikum das eigene Team lautstark unterstützt. Genau so sind sie aber in der Lage dafür zu sorgen, dass die Zuschauer bei strittigen Entscheidungen Ruhe bewahren. In der Rubrik MIKRO AN! kommen diese Menschen zu Wort und berichten über das, was ihnen wichtig ist. In der 13. Folge geht es um Jens Zimmermann.


„Vancouver 2010 war etwas ganz Besonderes“

Wie kam es zum Engagement am Mikrofon und was war der erste Einsatz?

In Freudenstadt war ich Co-Trainer der Fußball-B-Jugend. Die Mannschaft spielte in der damals höchsten Spielklasse in der Verbandsstaffel. Sonntags waren da bis zu 500 Zuschauer und wir wollten ihnen einfach zumindest die Aufstellung und Torschützen bieten. Das habe ich dann übernommen. Als 1996 dann ein Länderspiel der deutschen Frauen in der Stadionhalle in Freudenstadt ausgetragen wurde, bin ich gefragt worden, ob ich nicht die Moderation übernehmen könnte. Deutschland spielte gegen China. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war im November 1996. Von der chinesischen Dolmetscherin habe ich mir die Namen vorlesen lassen und sie dann in Lautschrift notiert. Das handhabe ich übrigens heute noch so.

Was war bislang der Höhepunkt?

Es ist schwer hier einen herauszugreifen. Meine ersten Olympischen Spiele in Vancouver 2010 waren aber schon etwas ganz Besonderes. Aber auch die Handball-Weltmeisterschaften 2007 und 2019 oder die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2005 und 2021, letztere zwar ohne Zuschauer aber dennoch besonders, werde ich nicht vergessen.

Und was ist negativ in Erinnerung geblieben?

Die Corona-Spiele in Peking 2022. Ein schikanierender, autokratischer Staat als Ausrichter, absurde Corona-Maßnahmen und Temperaturen bis minus 30 Grad. Dazu keine Zuschauer, keine Stimmung und kein olympisches Flair.

Welche Anekdote bleibt in Erinnerung?

Beim Handball-Super Cup 2007 in München wurde ich kurz abgelenkt, plötzlich pfiff der Schiedsrichter einen Siebenmeter. Ich sagte aber zunächst „Elfmeter“ statt Siebenmeter. Zwar verbesserte ich mich direkt, aber der Redakteur der Münchner Abendzeitung hatte seine Schlagzeile: „Der Handball hat in der Fußballhochburg München noch einen weiten Weg vor sich, wenn selbst der Hallensprecher von Elfmeter statt Siebenmeter spricht.“ An diese Szene muss ich auch 16 Jahre später noch bei fast jedem Siebenmeterpfiff denken. Das ist echt krass.

Welches ist der beste Song?

Das ist immer der, der bei den Fans am besten funktioniert. Beim Handball sicherlich „Kölsche Jungs“ oder „Sweet Caroline“, beim Skispringen „1.000 Träume“ und beim Turnen die Instrumental-Version von Skyfall während einer Übung – da bekomme ich heute noch Gänsehaut.

Gibt es ein wichtiges Ritual?

Nein, ich bin absolut kein abergläubischer Mensch.

Welche Kollegin oder welchen Kollegen finden Sie klasse?

Da gibt es einige. Da wäre zunächst Daniel Räuchle, der mich ab und zu bei verschiedenen Veranstaltungen vertritt. Immer loyal und vor allem hoch professionell. Ein echter Freund. Das gilt auch für Kevin Gerwin, mein kongenialer Partner bei der Handball-Nationalmannschaft. Wir ergänzen uns perfekt und keiner neidet dem anderen einen Part oder einen Satz – was unter „Kollegen“ nicht immer so ist. Meine TV-Idole waren immer Dieter Kürten und Harry Valérien. Die große Schule der Sport-Moderatoren. Harry durfte ich kurz vor seinem Tod beim Skifliegen in Oberstdorf kennenlernen. Ich saß in der Sepp-Weiler-Hütte und hatte noch Platz an meinem Tisch. Er fragte mich, ob er sich dazu setzen dürfte. Selbstverständlich durfte er und es war mir ein Bedürfnis und eine große Ehre ihn zu Kaffee und Kuchen einzuladen.

Wo wäre ein Engagement undenkbar?

In Russland kann ich mir aktuell kein Engagement mehr vorstellen. Zwar habe ich 2014 dort die Olympischen Spiele moderiert und war auch 2019 nochmals beim Snowboard-Weltcup dort im Einsatz, doch diesen Einsätzen wird sicherlich keiner mehr dort hinzukommen.

Wie hält man die Stimme fit?

In dem man am Abend vorher nicht bis 2 Uhr nachts in einem Club oder in der berüchtigten WM-Bar in Oberstdorf versackt, sondern frühzeitig den Weg ins Hotel sucht.

Wenn die Möglichkeit bestünde, dass ein Wunsch in Erfüllung gehen würde …

… dann wären das Olympische Spiele 2036 in Deutschland. Das wäre ein Traum. Dort dann die Eröffnungsfeier und das Handball-Turnier moderieren – danach würde ich meine Sprecherkarriere glücklich beenden.


Jens Zimmermann ist Hallensprecher beim Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart. Darüber hinaus hat er bereits zahlreiche Groß-Veranstaltungen moderiert, darunter auch die Olympischen Spiele in Vancouver (2010) und in Sotschi (2014). Mit seiner Agentur 24PASSION betreut er Spitzensportler wie Marcel Nguyen und Johannes Rydzek. In der Vergangenheit war Zimmermann sowohl für die Stuttgarter Kickers als auch für den VfB Stuttgart tätig. Auch für die uhlsport GmbH hat er bereits gearbeitet.

 

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