BIG IN JAPAN | Teil 3
  24.07.2021


Mit großen Augen, Kamera, Notizbuch und Stift sowie seinen unübersehbaren 2,08 Meter Körpergröße ist der Stuttgarter Sportjournalist Tom Bloch vor Ort in Tokio bei den Olympischen Spielen und berichtet exklusiv für uns in seiner Serie BIG IN JAPAN.


Sushi und Sakura

Die Olympischen Spiele sind zweifelsohne das größte Sportereignis der Welt. Für die begleitende Journaille auf jeden Fall. Dabei sein ist alles. Doch um dabei zu sein, muss man erst einmal hinkommen. Und das geht so: Der Nabel der olympischen Fortbewegungswelt ist die MTM, die Media Transportation Mall. Nahezu rund um die Uhr zirkulieren Reisebusse und sammeln Fotografen, Kameraleute und Redakteure an Haltestellen bei ihren Hotels ein und fahren diese zur MTM. Dort können die Fernseh-Menschen nach der Ankunft direkt ins IBC (International Broadcast Center) laufen, in dem die ganzen TV-Anstalten ihr temporäres Zuhause haben.

Oder man steigt in das Shuttle zum MPC (Main Press Center). Oder man steigt in die Busse, die zu den vielen Wettkampfstätten fahren. Ein ausgeklügeltes System mit Fahrplänen, die akkurat eingehalten werden. Und während man in der Bruthitze warten muss, steht man wie Hunderte von Volunteers, die den menschlichen Verkehr an den riesigen vier Bahnsteigen regeln, in der prallen Sonne. Auf der Suche nach ein wenig Schatten, oder dem Auslass von den wenigen stationären Klimaanlagen. Viel Warte- und Reisezeit gehört einfach dazu. Meine Aufgaben hier vor Ort für Beachvolleyball (im Shiokaze Park) und Volleyball (in der Ariake Arena) zwingen mich zum Pendeln (in Bussen, in den ich weder stehen noch hinter der Lehne sitzen kann). Das bedeutet im Schnitt täglich zehn bis 15 Kilometer zu Fuß, weil auch die Laufwege in der Halle oder im Park enorm lang sind. Und dabei stets knapp 30 Kilogramm Equipment mitschleppen.

Bei 35° C und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit ist dann schnell keine Textilfaser am Leib mehr trocken. In diesem speziellen Berufsverkehr erlebt man die internationalen Kollegen auf die verschiedensten Arten und Weisen. Fotografen nutzen den Transfer und bearbeiten ihre Fotos auf dem Laptop, Redakteure hacken ihre Texte in die Tasten. Oder man zückt das Smartphone und bucht sich für den nächsten Tag für die kommenden Veranstaltungen ein. Dies ist zwingend und soll die Journalisten-Ströme in Zeiten von Corona lenken.

Für mich als IT-Unwissender unbegreiflich, aber extrem beeindruckend, ist die komplette Vernetzung der möglichen Aufenthaltsorte mit dem Internet. Einmal eingeloggt, funktioniert das WLAN in den Bussen. Einmal eingeloggt, funktioniert das WLAN an jeder Wettkampfstätte, natürlich im MPC, und auch auf dem großen MTM. Und so nutzen Kollegen die Busfahrt auch mal zu einem Video-Telefonat mit Zuhause, und streamen so Bilder aus Tokio wie bei einer Stadtrundfahrt live zu den Lieben daheim.

So ein WLAN könnte ja zum Beispiel „Tokyo2020“ heißen, was nahelegend wäre. Doch die IT-Abteilung war eine Nummer kreativer: Das WLAN im MPC und den Veranstaltungsstätten heißt mit Verweis auf die Kirschblüte, für die Japan berühmt ist, „SAKURA2020“.

Das WLAN in den Bussen wurde „SUSHI 2020“ genannt. Und mit fortschreitenden Veranstaltungstagen nutzen immer mehr Journalisten die Busfahrten für ein Nickerchen. Manche überhaupt nicht lautlos. Das ist dann „SCHNARCHEN2021“. Und Kennwort-frei.

BIG IN JAPAN | Teil 3