BIG IN JAPAN | Teil 1
  20.07.2021


Mit großen Augen, Kamera, Notizbuch und Stift sowie seinen unübersehbaren 2,08 Meter Körpergröße ist der Stuttgarter Sportjournalist Tom Bloch vor Ort in Tokio bei den Olympischen Spielen und berichtet exklusiv für uns in seiner Serie BIG IN JAPAN.


Die erste Goldmedaille ist vergeben

Ta-tata-taaa! Die erste Goldmedaille geht an das Wasserball-Team aus Kroatien. Persönlich verliehen von mir. Noch auf dem Frankfurter Flughafen, bevor die Spiele überhaupt offiziell begonnen haben.  Zur Zeremonie kam es folgendermaßen: Nach Anflug aus Stuttgart, Terminalwechsel und Passkontrolle, ist mein Reisepass, obwohl nun wirklich mit Bedacht korrekt verstaut, irgendwie dann doch aus der Tasche gerutscht. Unbemerkt. Irgendwo auf dem Weg zum Gate 52. 

Am Gate verlangte das Personal bereits zum zweiten Mal die Einsicht in sämtliche von den japanischen Behörden verlangte Unterlagen, bevor das Boarding überhaupt beginnen konnte. Und zu diesen Unterlagen gehört nun mal als zentrales Dokument der Reisepass, dessen Nummer schon längst auf zwei PCR-Tests prangt, in drei japanischen Online-Datenbanken sowie in zwei nur teilweise funktionierenden Apps hinterlegt ist. Schon längst hat man in diesem Bürokratie-Zehnkampf-Marathon die Übersicht verloren. Und jetzt also auch noch den Pass. Damn. 

Doch zwischen aufgelöst und erlöst sein, liegen keine 45 Sekunden. Doch zuerst: Panik. Von wegen „Big in Japan“. Very small in Frankfurt. So klein. Mit Hut. Bis ein freundlicher Wasserballer des kroatischen Teams entdeckte, wie ich am Boden in all meinen Taschen wühlte. Er fragte, ob ich meinen Pass verloren hätte, denn er hätte gerade einen gefunden und diesen gleich vorne am Schalter abgegeben. Was für ein Held! Ich bedanke mich überschwänglich und eile zum Schalter. Während die Dame telefonierte, wedelte ich mit meinem Personalausweis herum und ermöglichte ihr während des Telefonates die Überprüfung des rechtmäßigen Besitzers. Da is das Ding! Wieder in meinem Besitz.

Eine Stunde später, ich sitze im Flieger, hinter mir wird es laut. Drei durchtrainierte Schränke in Weiß-Rot erobern ihre Plätze. Wasserball-Trainer aus Kroatien. Ich erzähle die Geschichte und bedanke mich erneut. Außerdem verleihe ich Ihnen nun mündlich die erste Goldmedaille, für Aufmerksamkeit, für Mitdenken für Freundlichkeit, für den olympischen Spirit eben.

Weitere sieben Stunden später verteilte das Bordpersonal neue japanische Einreiseunterlagen. Und wieder trage ich mit stoischer Ruhe alle Daten ein, zum wiederholt wiederholten Mal. Aufenthaltsdauer, Hotel, Flugnummer, Reisepassnummer, Telefonnummer. Was auf Papier auch viel besser geht. Die Felder in den Online-Formularen lassen bei der vorgeschriebenen Telefonnummer, unter der man rund um die Uhr erreichbar sei muss, nur elf Zahlen zu. Und kann nur eingetragen werden, wenn man die Ländervorwahl weglässt. Nun ja. Eine Medaille für Bürokratie-Bewältigung wäre eigentlich auch langsam fällig. 

Vom Meer hereinfliegend sanfte Landung. Tokio Haneda. Sitzenbleiben! Flinke Damen der japanischen Einwanderungsbehörde entern die Langstreckenflieger und verteilen ein weiteres Dokument, das man ausfüllen soll und dabei feststellt, dass man es schon längst ausgefüllt hat. Aber nach einer weiteren halben Stunden dürfen wir dann den Flieger verlassen.

Und nach weiteren drei Stunden Schnitzeljagd durch das Flughafengebäude mit den verschiedensten Stationen hängt sie dann endlich um den Hals (und verdeckt die Schweissränder auf meinem Polo-Shirt), die offizielle Akkreditierung. Ich bin drin im „Olympic Bubble“.

Also von mir aus können die Spiele beginnen.

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