Alexander Lehmann
Für Fußballfans der beiden großen Stuttgarter Traditionsvereine waren die Monate Mai und Juni in diesem Jahr vollgepackt mit Emotionen. Bei den Roten vom Neckar war es weitgehend eine Saison voller Jubel. Die VfB-Anhänger durften neben den Aufstiegen der Frauen und des U-23-Teams den Gewinn der Vizemeisterschaft ihrer Profis und den Einzug in die Champions League feiern. Bei den Blauen von Degerlochs Höhen war hingegen nach Monaten des Höhenflugs der Schlussakkord ein ganz schmerzlicher. Mit einer 0:3-Niederlage beim FC Homburg wurden die Stuttgarter Kickers auf der Zielgeraden noch von der Tabellenspitze geschubst und dadurch vom direkten Durchmarsch von der Oberliga in die 3. Liga abgehalten. Stattdessen musste ausgerechnet dem ungeliebten Stadtrivalen zum Meistertitel gratuliert werden. „Wir haben das Ganze nicht erst in Homburg verspielt, sondern schon in den Wochen zuvor, als unser Zehn-Punkte-Vorsprung aus dem Winter immer kleiner wurde. Dennoch sind wir stolz auf die Mannschaft, die ja erst vor einem Jahr den Aufstieg in die Regionalliga geschafft hat. Das war bereits ein großer Erfolg für den Verein. Das Team wird noch wachsen“, sagt Alexander Lehmann, der Geschäftsführer der Brunata-Minol-Zenner-Unternehmensgruppe.
Dass der 55-jährige Unternehmer seine Blauen zum großen Showdown ins Saarland begleitet hatte, hat nichts damit zu tun, dass die Firma Zenner, ein international tätiger Hersteller von Wasser- und Wärmezählern, der 2005 in den schwäbischen Konzern aus Leinfelden-Echterdingen eingegliedert wurde, ihren Hauptsitz im benachbarten Saarbrücken hat. Vielmehr ist der Enkel des Minol-Firmengründers Werner Lehmann senior seit frühester Jugend ein glühender Kickers-Fan, der dem Verein vor nunmehr 18 Jahren noch näher kam, als er erstmals Mitglied des Aufsichtsrats wurde. „Ich bin bei den allermeisten Heimspielen mit dabei und auch auswärts, wenn es sich zeitlich irgendwie einrichten lässt“, sagt der Mann, der auf der Tribüne einen Stammplatz in unmittelbarer Nähe zum Präsidenten Prof. Dr. Rainer Lorz hat. Ursprünglich vom langjährigen Freund und Aufsichtsratskollegen Christian Dinkelacker für das Gremium angeworben, hat der im Stuttgarter Osten lebende Alexander Lehmann die Tätigkeiten beim einstigen Erstligisten vom Fuß des Fernsehturms längst zu einer persönlichen Herzensaufgabe gemacht, in die er – neben den beruflichen Aufgaben – viel Zeit und Engagement investiert.
„Das Tagesgeschäft liegt natürlich bei der sportlichen Leitung, beim Sportvorstand und beim Präsidium, aber ich tue mit meinen Aufsichtsratskollegen alles dafür, die wichtigen Entscheidungen zu kontrollieren, abzusegnen und ein starkes Netzwerk zu bilden.“ Der Vater von sieben Kindern im Alter von 7 bis 24 Jahren war selbst im Umgang mit dem Lederball nicht besonders aktiv und kickte nie im Verein, sondern hauptsächlich auf dem Schulhof. Dafür war Feldhockey beim HTC Stuttgarter Kickers ein Hobby als Jugendlicher, ebenso das alpine Skifahren. Als Erwachsener entdeckte er zusätzlich seine persönliche Leidenschaft für das Golfspiel. So wagt er sich beim Stuttgarter Golfclub Solitude in Mönsheim auf den Platz, nicht zuletzt auch als Teilnehmer eines Golfturniers für Amateure, das seine eigene Unternehmensgruppe organisiert und sponsert. „Ich bin allgemein schon immer sehr sportinteressiert, insbesondere in Bezug auf die Region Stuttgart, die meine Heimat ist und der ich etwas zurückgeben möchte, vor allem den tollen Fans. Auch wenn ich mir letzte Saison erstmals seit langer Zeit ein Heimspiel des VfB – gegen Bayern – angesehen habe, fühle ich mich natürlich auf der Tribüne im Gazi-Stadion am wohlsten. Ausflüge zu anderen Clubs bleiben eine seltene Ausnahme“, sagt der Stuttgarter Unternehmer.
Das mittlerweile vielfältige Engagement der Unternehmensgruppe Brunata-Minol-Zenner als Sponsor im Sport umfasst neben dem erwähnten Golfturnier auch die Unterstützung des benachbarten Fußball-Verbandsligisten TV Echterdingen und des Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart. Bei den Stuttgarter Kickers waren die Anfänge – noch vor dem Einzug des Chefs in den Aufsichtsrat – die eines kleinen, unscheinbaren Geldgebers mit einer Werbebande am Spielfeldrand. Mittlerweile ist das weltweit rund 4.500 Mitarbeiter umfassende Unternehmen neben dem zum Porsche-Konzern gehörenden Ludwigsburger Haupt- und Trikotsponsors MHP einer der größten und wichtigsten Partner des Ex-Bundesligisten von der Waldau. So hat Brunata-Minol-Zenner unter anderem die Anzeigetafel im ehemaligen Waldaustadion finanziert und Lehmann selbst hat erst die Kontakte zu Porsche und damit auch zu MHP geknüpft. „Bei unserem Engagement für die Kickers geht es weniger darum, eigene Kunden zu gewinnen oder bekannter zu werden, sondern Business-to-Business-Kontakte zu knüpfen. Es ist nicht unser Anspruch, immer in vorderster Reihe zu stehen“, sagt Alexander Lehmann, der sich als Wirtschafts-Netzwerker im Kickers-Kosmos versteht und den Aufsichtsrat der Degerlocher in den Jahren 2020 und 2021 als Vorsitzender angeführt hat. Er selbst pflegt dafür herausragende Kontakte im In- und im Ausland. „Unsere eigenen Verträge als Sponsor haben eine recht lange Laufzeit und sind nach verschiedenen Aspekten gestaffelt“, sagt Lehmann. Über den eigenen Gang auf die Trikots der Profimannschaft oder über die Namensgebung als Sponsor für das Stadion denke man zurzeit nicht nach. Man sei vielmehr froh, gemeinsam mit MHP, Gazi, VPV Versicherungen, Wolff & Müller oder auch Uhlsport einen starken Sponsorenpool an den Verein gebunden zu haben, den es so in der Regionalliga nicht oft gebe.
Die Wurzeln des eigenen Unternehmens (Lehmann: „Wir sind mittlerweile ganz schön gewachsen“) liegen in der 1948 in Stuttgart gegründeten „Minol Mineralölimport Werner Lehmann GmbH“, die vier Jahre später als Lizenznehmer der dänischen Brunata Wärmemesser in ganz Süddeutschland im Bereich Heizkostenabrechnung tätig war. Durch weitere Lizenzerstehungen, durch Kooperationen und durch die weltweite Übernahme von Betrieben ist aus dem schwäbischen Mittelständler – speziell im vergangenen Vierteljahrhundert – längst ein von den Fildern aus geführter Global Player im Bereich Energiewirtschaft geworden, der Tochterfirmen, Joint-Ventures und Produktionsstätten in Europa, den USA, Indien und in China betreibt. „Die Region Stuttgart und die großen Wohnungsbaugesellschaften der Region sind noch immer ganz entscheidende Partner, aber wir sind inzwischen geographisch und vom Angebot sehr breit aufgestellt“, sagt Lehmann, der selbst vor gut 30 Jahren eingestiegen ist und aktuell den Konzern zusammen mit zwei weiteren Geschäftsführern führt. Zur ursprünglichen Basis von Messgeräten und Abrechnungsdienstleistungen sind durch Tochterfirmen und innovative Ideen und Projekte auch andere Aufgabenbereiche aus den Bereichen Umwelttechnik und Nachhaltigkeit wie die Photovoltaik, die Elektromobilität, Ladesäulen oder auch das weite Feld des Wasserstoffs hinzugekommen.
„Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft noch weiter expandieren werden“, sagt Alexander Lehmann, dessen Familienunternehmen aktuell bei einem Jahresumsatz von rund 475 Millionen Euro liegt. Teil der Firma – und hier schließt sich beim Firmenchef ganz gut der Kreis zu seiner sportlichen Leidenschaft – waren in der Vergangenheit auch schon mehrfach Fußballspieler der Stuttgarter Kickers, die als Halbprofis Anstellungen oder Ausbildungen im Betrieb bekommen haben. „Dadurch ist noch einmal eine engere Bindung zwischen der ersten Mannschaft und unseren übrigen Mitarbeitern entstanden, die ihre Kollegen oft im Stadion angefeuert haben“, sagt Alexander Lehmann. Seine eigenen Kinder, sofern sie in die Geschäftsleitung einsteigen, werden vom Vater keinerlei Hinweise bekommen, ob in ferner Zukunft die Zusammenarbeit mit den Blauen beibehalten soll oder nicht. Letzteres ist aber ohnehin nicht nötig: „Die sind alle sieben noch viel größere Kickers-Fans als ich selbst, sofern das überhaupt möglich ist“, sagt Alexander Lehmann mit einem Schmunzeln.
Mehr Infos: https://www.minol.de/