Freddy Eberle
Wie kam es zum Engagement am Mikrofon?
Beim Ostermontagsklassiker meines Heimatclubs, dem RSC Schönaich, fragte mich 1986 mein Vorstand, ob ich die Moderation aus dem Führungsfahrzeug heraus übernehmen würde. Mit dem Einstieg ins Fahrzeug konnte ich natürlich nicht wissen, dass daraus für mich in meiner Sportart quasi ein lebensbegleitender Freizeitjob werden würde.
Was war der erste Einsatz?
Sicher war ich anfangs etwas nervös, Neuland zu betreten. Und natürlich auch der Meinung, dass die Zuschauer am Streckenrand jeden Kommentar aufnehmen würden und man deshalb das Renngeschehen gewissenhaft schildern muss. Wie fast bei allen Aufgaben im Leben merkte ich dann aber schnell, dass niemand erwartet, dass man zaubern müsse. Der Anfang war also geschafft. Unweigerlich kamen damals auch Erinnerungen an meine Rennen im Jugendalter auf, als uns bei den großen Strassenrennen in Frankfurt, Wiesbaden oder Bad Cannstatt der beliebte Herr („Conti“-) Schmidt mit seinem Streckensprecherfahrzeug – markant beklebt mit Continentale-Werbung – begleitete, das Renngeschehen kommentierte und uns Youngsters damit immer sehr motivierte. Nun durfte ich selbst ans Mikro, ohne das je erahnt zu haben.
Was war bislang der Höhepunkt?
Es gab etliche Veranstaltungen, an die ich mich gerne erinnere, insbesondere wenn viele Zuschauer vor Ort waren oder Radsport auf hohem Niveau geboten wurde. Füssen, Kirchheim/Teck, Hohenheim, Wangen, Rems-Murr Pokal, die Profi-DM 2021 in Stuttgart und 2023 in Bad Dürrheim und natürlich auch der Women’s Cycling Grand Prix Stuttgart & Region und unser Radsportklassiker Rund um Schönaich zählen u.a. dazu. Sehr gut in Erinnerung ist mir noch die Tour-de-France-Etappe im Juli 1987, bei der die Profis von Karlsruhe nach Stuttgart fuhren. Damals durfte ich im Etappenort Heilbronn inmitten einer großen Kulisse begeisterter Fans moderieren bis die große Tour-Karawane vorbeigezogen war – die Stimmung war genial!
Und was ist negativ in Erinnerung geblieben?
Obwohl die Aktiven oft im Grenzbereich agieren, habe ich glücklicherweise in den vielen Rennen keine folgenschweren Rennunfälle erleben müssen. Eine vermeintlich unscheinbare Episode ist mir noch gut in Erinnerung. Vor rund sechs Jahren gewann ein Schülerfahrer aus Bayern das Rennen in Wendelsheim in seiner Klasse. Es war einer seiner ersten Renneinsätze. Da aber an seinem Rad – unbeabsichtigt – eine etwas zu große Übersetzung montiert war, wurde ihm von den Kommissären regelkonform der Sieg aberkannt. Mir tat das für den jungen Buben sehr leid. Erst die lange Anreise, dann sportlich erfolgreich und doch mit leeren Händen da stehend – und ich konnte auf die Kommissäre leider keinen Einfluss ausüben. Ich finde, dass man in solchen Situationen über den Tellerrand hinausschauen und Fingerspitzengefühl haben sollte, damit solche Talente dem Sport nicht verloren gehen.
Welche Anekdote bleibt in Erinnerung?
Im damaligen Amateurrennen in Kirchheim/Teck war die Frohnatur Andi Hahn nicht richtig im Bilde und sprintete bereits in der vorletzten Runde als vermeintlicher Sieger glückstrahlend ins Ziel. Natürlich bemerkte er sofort seinen Irrtum, konnte dann aber in der letzten Runde nichts mehr ernten. Das sorgte beim Publikum und mir für ganz große Erheiterung, auch Andi konnte und musste über sich selbst lachen.
Welches ist der beste Song?
Ganz klar: die Filmmusik von Pirates of Caribbean in einer Soundtrack-Version. Diese wird beim Hauptrennen vier Minuten vor der Zielsprint angespielt, die Zuschauer klatschen dann rhythmisch mit und die Rennfahrer bekommen Gänsehautfeeling in einem stimmungsvollen Finale.
Gibt es ein wichtiges Ritual?
Nein, ein bestimmtes Ritual habe ich nicht – aber ich folge dem Leitsatz: Vorbereitung ist alles!.
Welche Kollegin oder welchen Kollegen finden Sie klasse?
Natürlich war der leider früh verstorbene Profi-Sprecher Günther Koch in den 90er Jahren prägend für mich, so durfte ich u.a. bei den Stuttgarter Sixdays in 1989 einiges bei ihm abspicken. Aktuell sind da die beiden Eurosport-Kommentatoren Karsten Migels, der schon jahrelang fundiert die großen Klassiker und Rundfahrten kommentiert, und Christian Lichtenberg zu nennen, der als kompetenter Insider den aufstrebenden Profifrauenradsport dem Publikum nahbar und interessant macht. Und ich höre auch sehr gerne den Ex-Profi Jens Voigt, der in lässigem Berliner Dialekt beste Expertisen von sich gibt.
Wo wäre ein Engagement undenkbar?
Ich orientiere mich wie der Schuster, der bei seinen Leisten bleibt. Also bleibe ich auch in meinem Metier, vorrangig beim Straßenradsport. Bei der Vielfalt des Radsports könnte ich mir eine Moderation beispielsweise beim MTB-Downhill, BMX oder im Hallenradsport natürlich nicht vorstellen. Da gibt es Insider, die dort zu Hause sind. Zudem will ich nur bei Veranstaltungen mitwirken, die einen Beitrag für unseren Sport leisten und nicht reine Kommerzveranstaltungen sind.
Wie hält man die Stimme fit?
Am Abend vorher keinen Alkohol trinken, oder vielleicht nur ein Gläschen Wein. Und sollte die Stimme tatsächlich mal etwas schwächeln, dann sich beim Moderieren einfach auf das Wesentliche beschränken.
Wenn die Möglichkeit bestünde, dass ein Wunsch in Erfüllung gehen würde …
Da ich bereits Mitte 60 bin, hoffe ich, dass einige junge Leute nachrücken und das Mikro übernehmen werden. Ganz unabhängig vom Moderieren, würde ich mich freuen, wenn meine Gesundheit und Fitness auf einem Level bleiben, damit ich auch im bevorstehenden Rentenalter noch etliche Radtouren durch schöne Natur und unbekanntes Terrain genießen kann.
Freddy Eberle, der in Neuhausen auf den Fildern wohnt, moderiert seit vielen Jahrzehnten Radrennen. Sein Heimatclub ist der RSC Schönaich. Dort hatte er auch seinen ersten Einsatz. [Fotos: Pressefoto Baumann]